Signatur/Inschrift
bez. u. r. mit Stempel: [Atelier-Stempel]
Werkverzeichnis
Lemoisne 207
Provenienz
- Edgar Degas (*1834 Paris, +1917 Paris) (Künstler/-in)
- 27.9.1917 – höchstens bis 8.5.1918, Nachlass Edgar Degas, Paris, NachlassAuktion Galerie Georges Petit 1918, Nr. 111 (ill.).
- 6.5.1918 – 8.5.1918, Galerie Georges Petit (Auktion), Paris, Lot 111Wie oben Fussnote 2.
- 8.5.1918 – 23.3.1941, Alphonse Kann (*1870 Wien, +1948 London) (Sammler/-in), St-Germain-en-Laye, London, Kauf, 32.000 FRFAnnotierte Kopie des oben genannten Auktionskatalogs im Musée d'Orsay (Dokumentation), Paris.
- 23.3.1941 – o.D., Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg (ERR), Paris, Beschlagnahme, ERR Nr. Ka 989Beschlagnahmt und an Hermann Göring übergeben, von Göring gegen Altmeistergemälde an Gustav Rochlitz getauscht. Yeide 2009, Nr. D31.
- o.D., Hermann Göring (*1893 Rosenheim, +1946 Nürnberg) (Kunsthändler/-in), ParisWie oben Fussnote 5.
- Gustav Rochlitz (*1889 Bydgoszcz, +1972 Füssen) (Kunsthändler/-in), TauschWie oben Fussnote 5.
- o.D. – höchstens bis 1942, Hans Wendland (*1880 Neuruppin, +1972 Paris) (Kunsthändler/-in)Von Hans Wendland an die Galerie Fischer im Tausch gegen Kunstwerke. Yeide, wie oben Fussnote 5; Francini etc. 2001, S. 106 (Nr. 267), 146 (Nr. 457), 285 (Nr. *1 und *3), 286 (Nr. *7).
- o.D. – 3.2.1942, Galerie Fischer (Galerie), Luzern, TauschWie oben Fussnote 8.
- 3.2.1942 – 5.7.1948, Emil Georg Bührle (*1890 Pforzheim, +1956 Zürich) (Sammler/-in), Zürich, Kauf, 120.000 CHFAStEGB, Brief von Emil Bührle an seinen Anwalt, Dr. Walther Huber, Zürich, 22.08.1947. Die Summe entspricht dem Betrag, den Bührle später in seinem Prozess gegen Fischer einforderte, und während Fischer eine Rückerstattungspflicht grundsätzlich ablehnte, wurde die Summe als solche nie in Frage gestellt. Diese Summe definierte also die Beträge, die Fischer an Bührle zurückzahlen musste, nachdem das Bundesgericht zum Schluss gekommen war, dass Bührle die Bilder gutgläubig erworben hatte, AStEGB, Schweizerisches Bundesgericht, Kammer zur Beurteilung von Raubgutklagen / Chambre des actions en revendication de biens spoliés, Lausanne, Urteil vom 05.07.1951 (Typoskript).
- 5.7.1948 – 24.9.1948, Alphonse Kann (*1870 Wien, +1948 London) (Sammler/-in), RestitutionAStEGB, Schweizerisches Bundesgericht, Kammer zur Beurteilung von Raubgutklagen / Chambre des actions en revendication de biens spoliés, Lausanne, Gesuch um Rückgabe von Kunstwerken von Alphonse Kann, London, gegen Emil Bührle, Zürich, Urteil vom 05.07.1948 (Typoskript), wonach Bührle die Rückgabe von drei Kunstwerken an Kann akzeptiert, darunter Degas, Madame Camus au piano.
- 24.9.1948 – 3.2.1951, Nachlass Alphonse Kann, London, Paris, NachlassAStEGB, zwei Unterlagen mit handschriftlichen Notizen von Bührle, betreffend zweier Besuche von Maître J. Metthey, Paris, im Auftrag der Erben von Alphonse Kann, bei der Werkzeugmaschinenfabrik Oerlikon Bührle & Co. vom 25.01.1951 und 15.02.1951.
- 3.2.1951 – 28.11.1956, Emil Georg Bührle (*1890 Pforzheim, +1956 Zürich) (Sammler/-in), Zürich, KaufWie oben Fussnote 12: Erworben durch Maître J. Metthey, Paris, zusammen mit zwei Gemälden von Degas für insgesamt £ 24.000. Auf dem ersten Eintrag vermerkt Bührle, dass die Preisvorstellung der Kann-Erben für die drei Werke Degas, Madame Camus, Degas, Danseuses und das Pastell von Manet (Sammlung Emil Bührle, Inv. 32, 35, 65) ca. £ 30.000 beträgt. Ein handschriftlicher Vermerk von Bührle, der dem zweiten Eintrag beigefügt ist, besagt, dass Metthey am 03.02.1951 £ 24.000 für das Los akzeptiert hat.
- 28.11.1956 – 1960, Nachlass Emil Bührle, Zürich, Nachlass
- ab 1960, Stiftung Sammlung E.G. Bührle (Sammlung), Zürich, Geschenk, Inv.-Nr. 32
- ab 2021, Zürcher Kunstgesellschaft | Kunsthaus Zürich (Museum), Zürich, Leihgabe
Literatur (Provenienz)
- Catalogue des tableaux, pastels et dessins par Edgar Degas et provenant de son atelier (1ère vente), Galerie Georges Petit, Paris, 06. Mai 1918 - 08. Mai 1918, Paris 1918, Nr. 111 (ill.).
- Nancy H. Yeide: Beyond the Dreams of Avarice, The Hermann Goering Collection, Dallas, TX: 2009, Nr. D31.
- Esther Tisa Francini/Anja Heuss/Georg Kreis: Fluchtgut-Raubkunst. Der Transfer von Kulturgütern in und über die Schweiz 1933-1945 und die Frage der Restitution (Veröffentlichungen der Unabhängigen Expertenkommission Schweiz - Zweiter Weltkrieg 1), Zürich: Chronos, 2001, S. 106 (Nr. 267), 146 (Nr. 457), 285 (Nr. *1 und *3), 286 (Nr. *7).
Zur Provenienz
Der in Wien geborene Alphonse Kann (1870–1948), Sohn einer jüdischen Bankiersfamilie, wuchs in Paris auf und freundete sich früh mit Künstlern wie Maurice Denis, Paul Sérusier oder Édouard Vuillard an. Er bewegte sich auch in Sammlerkreisen und begann, selbst eine Sammlung aufzubauen. Er unterstützte die 1935 von dem Kunsthändler Daniel-Henry Kahnweiler ins Leben gerufene Kaufgemeinschaft, die Künstler finanziell unterstützte. Da die Misshandlung, Demütigung und Entrechtung von Juden vor allem im benachbarten Deutschland, aber auch in Frankreich stetig zunahm, flüchtete Kann 1938 von Paris nach London, wo er die britische Staatsbürgerschaft erhielt.
1941 beschlagnahmte die NS-Rauborganisation «Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg (ERR)» 1802 Werke aus Kanns Haus bei Paris. Edgar Degas’ Gemälde Madame Camus am Klavier und Tänzerinnen im Foyer sowie Édouard Manets Die Toilette gelangten 1941 und 1942 in die Luzerner Galerie von Theodor Fischer. Emil Bührle erwarb sie dort, Madame Camus am Klavier für 120’000, Tänzerinnen im Foyer für 65’000 und Die Toilette für 35’000 Franken.
Kann reichte nach 1945 vor der Raubgutkammer beim Schweizer Bundesgericht Klage ein und bekam Recht. 1948 restituierte Bührle die drei Gemälde an Kann, zwei Monate vor dessen Tod. Seine Erben einigten sich Anfang 1951 auf den erneuten Verkauf der Werke an Bührle, der sie für 24’000 Britische Pfund (rund 290’000 Franken) erwarb. Bührle forderte seinerseits 1951 von Fischer in einer Regressklage den Betrag zurück, den er für die Werke bezahlt hatte. Das Bundesgericht gab der Forderung statt. Es entschied, dass Bührle beim Kauf gutgläubig gehandelt hatte und er zu dem Zeitpunkt von der unrechtmässigen Herkunft der Werke keine Kenntnis gehabt haben konnte.
Das Urteil ist bis heute umstritten, da Bührle 1942 von der systematischen Beraubung der jüdischen Sammlerinnen und Sammler sehr wohl wissen konnte.
Recherchestand 31.12.2021
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Literatur (allgemein)
- Die Sammlung Emil Bührle. Geschichte, Gesamtkatalog und 70 Meisterwerke, hrsg. vom Schweizerischen Institut für Kunstwissenschaft (SIK-ISEA), München: Hirmer, 2021, No. 187, S. 260/266 (ill.).
- Sammlung Emil G. Bührle. Festschrift zu Ehren von Emil G. Bührle zur Eröffnung des Kunsthaus-Neubaus und Katalog der Sammlung Emil G. Bührle, hrsg. von Kunsthaus Zürich, Sammlungskatalog Kunsthaus Zürich, Zürich, 1958, No. 155, S. 103 f. (ill.).