Signatur/Inschrift
bez. u. l.: P. Gauguin 84
Werkverzeichnis
Wildenstein Gauguin 127
Provenienz
- Paul Gauguin (*1848 Paris, +1903 Atuona, Hiva Oa) (Künstler/-in)
- Verbleib unbekannt
- spätestens ab 13.6.1933 – 20.3.1937, Richard Semmel (*1875 Zobten am Berge, +1950 New York, NY) (Sammler/-in)Wildenstein 2001 127; Auktion (13.06.1933), Lot 15; Das Wildenstein-Werkverzeichnis nennt als möglichen Vorbesitzer des Gemäldes Eduard Simon-Wolfskehl, Frankfurt (M.). Diese Angabe basiert auf einer fehlerhaften Interpretation von Peter Kropmanns: Gauguin und die Schule von Pont-Aven im Deutschland nach der Jahrhundertwende, Sigmaringen, 1997, S. 52, 67, Nr. 160, und einer ebenso fehlerhaften Identifizierung des Gemäldes mit einem Werk, das Simon-Wolfskehl 1912 für eine Ausstellung in Frankfurt ausgeliehen hatte, vgl. Die Klassische Malerei Frankreichs im 19. Jahrhundert. Ein Überblick über die Entwicklung der modernen französischen Malerei in ausgewählten Werken der führenden Meister, Ausst.-Kat., Frankfurter Kunstverein, Frankfurt a. Main, 1912, Nr. 53. Während Kropmanns keine Identifizierung von La Route montante mit dem Gemälde in der Sammlung Simon-Wolfskehl suggeriert , handelt es sich bei dem für die Ausstellung 1912 ausgeliehenen Gemälde tatsächlich um Wildenstein 1964 Nr. 526.
- 13.6.1933, Frederik Muller & Co. (Auktion), Amsterdam, Lot 15, nicht verkauftWildenstein 2001 127; Auktion Frederik Muller & Co. (13.06.1933), wie Fussnote 3.
- 20.3.1937, Galerie Moos (Auktion), Genf, Lot 63Wildenstein 2001 127, wie oben Fussnote 3; Auktion Galerie Moos (20.03.1937), Lot 63; Auf der Karteikarte der Galerie Moos wird ein Verkaufspreis von 7900 CHF + 12 % Kommission angegeben, vgl. Genf, Bibliotèque d'art et d'archéologie, Archiv der Galerie Moos, BAA GO A-002-002-027.
- 20.3.1937 – 28.11.1956, Emil Georg Bührle (*1890 Pforzheim, +1956 Zürich) (Sammler/-in), Zürich, Kauf, 9000 CHFErworben bei der Auktion Galerie Moos 20.03.1937 für 9000 CHF (7900 CHF + 12% Kommission aufgerundet), Archiv Galerie Moos wie oben Fussnote 5; AStEGB, Inventarkarte Gauguin, Route montante.
- 28.11.1956 – 1960, Nachlass Emil Bührle, Zürich, Nachlass
- ab 1960, Stiftung Sammlung E.G. Bührle (Sammlung), Zürich, Geschenk, Inv.-Nr. 48
- ab 2021, Zürcher Kunstgesellschaft | Kunsthaus Zürich (Museum), Leihgabe
Literatur (Provenienz)
- Collection d'un amateur: tableaux modernes de l'école française des XIXe et XXe siècles, Frederik Muller & Cie., Amsterdam, 13. June 1933, Nr. 15.
- Tableaux anciens des écoles anglaise, française, hollandaise, .... tableaux modernes, dessins et aquarelles ... et 40 tableaux importants de Ferdinand Hodler provenant des collections de feu M. Paul Chavan; 20 mars 1937, hrsg. von Ferdinand Hodler/Paul Chavan, Ausst.-Kat. Galerie Moos, Genève, 1937, Nr. 63.
- Daniel Wildenstein: Gauguin. Premier itinéraire d'un sauvage. Catalogue de l'oeuvre peint (1873-1888), Bd. 1, Milan: Skira, 2001, S. 146, Nr. 127.
- Gauguin und die Schule von Pont-Aven, Bd. 2, hrsg. von Peter Kropmanns, Ausst.-Kat. Museum Würth, Künzelsau: Sigmaringen: Thorbecke, 1997., S. 52, 67, Nr. 160.
- Die klassische Malerei Frankreichs im 19. Jahrhundert. Ein Überblick über die Entwicklung der modernen französischen Malerei in ausgewählten Werken der führenden Meister; 18. Juli bis 20. Oktober 1912, Ausst.-Kat. Frankfurter Kunstverein, Frankfurt a. Main, 1912, Nr. 53.
Zur Provenienz
Das Gemälde Die Strasse von Paul Gauguin stammt aus der Sammlung des Berliner Textilunternehmers Richard Semmel (1875–1950). Kurz nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 flüchtete Semmel aufgrund der Judenverfolgung und seiner engen Bindung an die Deutsche Demokratische Partei mit seiner Frau Clara Cäcilie (geb. Bruck, 1879–1945) in die Niederlande.
Seine Fabrik in Berlin wurde als jüdisches Unternehmen boykottiert. Um sie zu halten, benötigte Richard Semmel Kapital. Deshalb liess er in Amsterdam einen Grossteil seiner aus Deutschland ausgeführten Kunstsammlung an zwei Auktionen im Juni und November 1933 bei Frederik Muller & Co. versteigern. Gauguins Gemälde wurde im Juni 1933 angeboten, fand jedoch keinen Käufer.
Vier Jahre später, im März 1937 wurde es in Genf an einer Auktion der Galerie Max Moos angeboten, wo Emil Bührle es für 9000 Franken erwarb. Als Verkäufer war «R.S., Amsterdam» angegeben, ein in der Kunstwelt bekanntes Kürzel für die Werke aus der Sammlung Richard Semmels. Bisher konnte nicht gekläre werden, ob Semmel einen Verkaufserlös erhalten hatte und wie hoch dieser war.
Im Frühjahr 1940, unmittelbar vor der Besetzung der Niederlande durch die Nationalsozialisten, flüchteten Richard und Clara Semmel über Chile nach New York. Dort wurden sie von Freunden finanziell unterstützt, lebten aber unter ärmlichen Bedingungen. Clara Semmel starb am 30. Mai 1945 in New York.
Richard Semmel bemühte sich in seinen letzten Lebensjahren um den Verbleib seiner Kunstwerke und die Rückgabe der Villa in Berlin. Er starb am 2. Dezember 1950 in New York.
Die Erben von Richard Semmel konnten seit den 1990er-Jahren in Grossbritannien, Australien, den USA, Deutschland und der Schweiz erfolgreich Ansprüche geltend machen. Die Niederländische Restitutionskommission entschied zwischen 2009 und 2021 in mehreren Empfehlungen, dass die Kunstsammlung aufgrund von Richard Semmels Verfolgung durch die Nationalsozialisten verkauft werden musste und empfahl in Teilen die Rückgabe der Kunstwerke oder eine finanzielle Kompensation.
Die Stiftung Sammlung E. G. Bührle hat sich mit den Rechtsnachfolgerinnen Richard Semmels am 24. Juni 2025 auf eine einvernehmliche Regelung von Ansprüchen geeinigt. Das Bild bleibt in der Sammlung und wird weiterhin im Kunsthaus zu sehen sein.
Recherchestand 24.06.2025
Haben Sie Fragen, Kritik, Anregungen, weiterführende Informationen? Bitte richten Sie eine Nachricht an provenienzforschung(at)kunsthaus.ch.
Literatur (allgemein)
- Die Sammlung Emil Bührle. Geschichte, Gesamtkatalog und 70 Meisterwerke, hrsg. vom Schweizerischen Institut für Kunstwissenschaft (SIK-ISEA), München: Hirmer, 2021, No. 14, S. 256 (ill.).