Signatur/Inschrift
bez. u. l.: Degas
Werkverzeichnis
Lemoisne 503
Provenienz
- Edgar Degas (*1834 Paris, +1917 Paris) (Künstler/-in)
- Verbleib unbekannt
- o.D., Durand-Ruel & Cie (Kunsthändler/-in), ParisLemoisne 1946, Nr. 503.
- Verbleib unbekannt
- spätestens ab 7.2.1902 – mindestens bis 16.5.1903, Earl F. Milliken (Sammler/-in), LondonAuktion American Art Association, New York (7. Februar 1902), Nr. 12; Auktion Christie's, London (16. Mai 1903), Nr. 137.
- Verbleib unbekannt
- o.D. – höchstens bis 22.4.1923, Mathilde Rosenberg (*1857 Rechnitz, +1923 Paris), ParisMutter von Paul Rosenberg. Archive Paul Rosenberg Gallery, New York, Inventarkarte Nr. 765, Degas, «Chevaux de courses»: hier «Mme Alexandre Rosenberg», Paris angegeben.
- spätestens ab 1924 – 14.9.1941, Paul Rosenberg (*1881 Paris, +1959 Neuilly-sur-Seine, Paris) (Kunsthändler/-in), ParisSohn der oben Genannten, Kat. Galerie Georges Petit, Paris 1924, Nr. 44.
- 14.9.1941 – o.D., Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg (ERR), Paris, Beschlagnahme, ERR Nr. PR 142Beschlagnahmt und übergeben an Hermann Göring. Yeide 2009, Nr. D28.
- 1941, Hermann Göring (*1893 Rosenheim, +1946 Nürnberg) (Sammler/-in), ParisWie oben Fussnote 9.
- o.D. – 18.4.1942, Galerie Fischer (Galerie), Luzern, TauschYeide, wie oben Fussnote 9: Im Tausch gegen Kunstwerke an die Galerie Fischer; Francini etc. 2001, S. 106 (Nr. 267), 286 (Nr. *3), 347 (Nr. 87).
- 18.4.1942 – 3.6.1948, Emil Georg Bührle (*1890 Pforzheim, +1956 Zürich) (Sammler/-in), Zürich, Kauf, 75.000 CHFStEGB, Brief von Emil Bührle an seinen Anwalt Dr. Walther Huber, Zürich, 05.07.1947. Die Summe entspricht dem Betrag, den Bührle später in seinem Prozess gegen Fischer einforderte, und während Fischer eine Rückerstattungspflicht grundsätzlich ablehnte, wurde die Summe als solche nie in Frage gestellt. Diese Summe definierte also die Beträge, die Fischer an Bührle zurückzahlen musste, nachdem das Bundesgericht zum Schluss gekommen war, dass Bührle die Bilder gutgläubig erworben hatte, AStEGB, Schweizerisches Bundesgericht, Kammer zur Beurteilung von Raubgutklagen / Chambre des actions en revendication de biens spoliés, Lausanne, Urteil vom 05.07.1951 (Typoskript).
- 3.6.1948 – 21.6.1949, Paul Rosenberg (*1881 Paris, +1959 Neuilly-sur-Seine, Paris) (Kunsthändler/-in), New York, NY, RestitutionAStEGB, Schweizerisches Bundesgericht, Kammer zur Beurteilung von Raubgutklagen / Chambre des actions en revendication de biens spoliés, Lausanne, Gesuch um Rückgabe von Kunstwerken von Paul Rosenberg gegen verschiedene Beklagte (u.a. Bührle), Urteil vom 03.06.1948 (Typoskript), das die Rückgabe der beanspruchten Werke anordnet, darunter Degas, Avant le départ.
- 21.6.1949 – 28.11.1956, Emil Georg Bührle (*1890 Pforzheim, +1956 Zürich) (Sammler/-in), Zürich, Kauf, 30.000 USDAStEGB, Brief (handschriftlich) von Paul Rosenberg, Paris, an Emil Bührle, 21.06.1949, in dem die Retrozession des Gemäldes für $ 30.000 bestätigt wird; Rechnung von Paul Rosenberg, New York, ausgestellt auf Emil Bührle, 06.07.1949, mit detaillierten Angaben zu Provenienz, Referenzen und Ausstellungsgeschichte; Brief von Florence Walters, Paul Rosenberg & Co., New York, an Emil Bührle, 08.05.1950, in dem die Lieferung von 4 Gemälden, darunter Degas, «Chevaux de courses», angekündigt wird.
- 28.11.1956 – 1960, Nachlass Emil Bührle, Zürich, Nachlass
- ab 1960, Stiftung Sammlung E.G. Bührle (Sammlung), Zürich, Geschenk, Inv.-Nr. 34
- ab 2021, Zürcher Kunstgesellschaft | Kunsthaus Zürich (Museum), Zürich, Leihgabe
Literatur (Provenienz)
- Paul Lemoisne: Degas et son œuvre, Bd. 2: Peintures et pastels 1853–1882, Notices et reproductions du no. 1 au no. 716, Paris: Arts et Métiers, 1946, Nr. 503.
- Exposition Degas, Peintures, pastels et dessins, sculptures, eaux-fortes, lithographies et monotypes, Ausst.-Kat. Galerie Georges Petit, Paris, Paris, 1924, Nr. 44.
- Nancy H. Yeide: Beyond the Dreams of Avarice, The Hermann Goering Collection, Dallas, TX: 2009, Nr. D28.
- Esther Tisa Francini/Anja Heuss/Georg Kreis: Fluchtgut-Raubkunst. Der Transfer von Kulturgütern in und über die Schweiz 1933-1945 und die Frage der Restitution (Veröffentlichungen der Unabhängigen Expertenkommission Schweiz - Zweiter Weltkrieg 1), Zürich: Chronos, 2001, S. 106 (Nr. 267), 286 (Nr. *3), 347 (Nr. 87).
- Catalogue of Mr. E. F. Milliken's Private Collection of Valuable Paintings, American Art Association, New York, 07. Februar 1902, New York 1902, Nr. 12.
- Catalogue of Important Pictures Chiefly of the Dutch and Barbizon Schools, Christie's, London, 16. Mai 1903, London 1903, Nr. 137.
Zur Provenienz
Paul Rosenberg (1881–1959) war einer der bedeutendsten Galeristen des 20. Jahrhunderts. Er förderte junge Künstlerinnen und Künstler wie Pablo Picasso, Marie Laurencin, Georges Braque oder Henri Matisse.
1908 gründete er eine Galerie in Paris. Rosenbergs Einfluss reichte über den Atlantik hinaus. So war er etwa mit Alfred H. Barr, dem Direktor des Museum of Modern Art in New York, eng verbunden. Rosenberg war Jude und flüchtete 1940 aufgrund der NS-Verfolgung und der damit verbundenen Lebensbedrohung von Paris nach New York, wo er seine Galerie neu aufbauen konnte. Er vermittelte bis zu seinem Tod Werke auch an europäische Sammlerinnen und Sammler, darunter an Emil Bührle.
Das Gemälde Vor dem Start von Edgar Degas hatte Rosenberg 1924 geerbt, Das lesende Mädchen von Camille Corot 1939 erworben. 1941 beschlagnahmte die NS-Rauborganisation «Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg (ERR)» — geleitet von NSDAP-Ideologe Alfred Rosenberg — den in Europa verbliebenen Teil der Galeriebestände Rosenbergs. Die Werke gingen im Tausch an den Luzerner Galeristen Theodor Fischer, von dem Bührle sie 1942 erwarb. Rosenberg reichte nach 1945 vor der Raubgutkammer beim Schweizer Bundesgericht Klage ein und bekam Recht.
1948 restituierte Bührle die Gemälde. Wenige Wochen danach einigte er sich mit Rosenberg auf einen Neukauf von Corots Gemälde, im Folgejahr konnte er auch das Bild von Degas zurückerwerben. 1951 forderte er von Fischer in einer Regressklage den Betrag zurück, den er beim ersten Erwerb der Werke bezahlt hatte. Das Bundesgericht gab der Forderung statt. Es entschied, dass Bührle beim Kauf gutgläubig gehandelt hatte und er zu dem Zeitpunkt von der unrechtmässigen Herkunft der Werke keine Kenntnis gehabt haben konnte.
Das Urteil ist bis heute umstritten, da Bührle 1942 von der systematischen Beraubung der jüdischen Sammlerinnen und Sammler sehr wohl wissen konnte.
Recherchestand 31.12.2021
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Literatur (allgemein)
- Die Sammlung Emil Bührle. Geschichte, Gesamtkatalog und 70 Meisterwerke, hrsg. vom Schweizerischen Institut für Kunstwissenschaft (SIK-ISEA), München: Hirmer, 2021, No. 172, S. 260/264 (ill.).
- Sammlung Emil G. Bührle. Festschrift zu Ehren von Emil G. Bührle zur Eröffnung des Kunsthaus-Neubaus und Katalog der Sammlung Emil G. Bührle, hrsg. von Kunsthaus Zürich, Sammlungskatalog Kunsthaus Zürich, Zürich, 1958, No. 159, S. 105 (ill.).