Signatur/Inschrift
bez. u. r.: Sisley 76
Werkverzeichnis
Brame/Lorenceau 210
Provenienz
- Alfred Sisley (*1839 Paris, +1899 Moret-sur-Loing) (Künstler/-in)
- Verbleib unbekannt
- o.D. – höchstens bis 11.10.1920, François Depeaux (*1853 Bois-Guillaume, +1920 Mesnil-Esnard) (Sammler/-in), RouenAuktion Hôtel Drouot Paris 1921, Lot 67; Tellier 2010, No. 460; Amic 2020, No. 243.
- 11.10.1920 – mindestens bis 30.6.1921, Nachlass François Depeaux, NachlassAuktion Hôtel Drouot Paris 1921, wie oben Fussnote 3.
- Verbleib unbekannt
- o.D. – 1941, Moïse Lévi de Benzion (*1873 Alexandria, +1943 La Roche-Canillac) (Sammler/-in), Cairo & Draveil/Seine-et-OiseBrame/Lorenceau 2021, No. 210.
- 1941, Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg (ERR), Beschlagnahme, Nr. LB 66Yeide 2009, No. D118.
- 12.7.1941 – 22.10.1941, Hermann Göring (*1893 Rosenheim, +1946 Nürnberg) (Sammler/-in), ÜbertragungWie oben Fussnote 7.
- 22.10.1941 – 3.2.1942, Galerie Fischer (Kunsthändler/-in), Luzern, TauschWie oben Fussnote 7; Francini/Heuss/Kreis 2001, S. 106 (No. 267), S. 286 (No. *1).
- 3.2.1942 – 15.12.1948, Emil Georg Bührle (*1890 Pforzheim, +1956 Zürich) (Sammler/-in), Zürich, Kauf, 28.000 CHFAStEGB, Brief von Emil Bührle an seinen Anwalt Dr. Walther Huber, Zürich, 14.05.1947, mit dem er Huber zu seinem Bevollmächtigten für den Prozess Lévi de Benzion (Erben) gegen Bührle bestimmt. Die Zahl entspricht dem Betrag, den Bührle später in seinem Prozess gegen Fischer geltend machte, und obwohl Fischer eine Rückerstattungspflicht grundsätzlich ablehnte, wurden die Zahlen als solche nie in Frage gestellt. Diese Zahlen definierten also die Beträge, die Fischer an Bührle zurückzahlen musste, nachdem das Bundesgericht zum Schluss gekommen war, dass Bührle die Bilder gutgläubig erworben hatte, AStEGB, Schweizerisches Bundesgericht, Kammer zur Beurteilung von Raubgutklagen / Chambre des actions en revendication de biens spoliés, Lausanne, Urteil vom 05.07.1951 (Typoskript).
- 15.12.1948 – 21.5.1950, Nachlass Moïse Lévi de Benzion, Kairo, RestitutionAStEGB, Schweizerisches Bundesgericht, Kammer zur Beurteilung von Raubgutklagen / Chambre des actions en revendication de biens spoliés, Lausanne, Antrag auf Rückgabe von Kunstwerken durch die Erben von Moïse Lévi de Benzion, vertreten durch Frau Paule-Dinah Lévi de Benzion, gegen verschiedene Beklagte (u. a. Bührle), Urteil vom 15.12.1948 (Typoskript), das die Rückgabe der beanstandeten Gemälde anordnet, darunter Sisley, Été à Bougival.
- 21.5.1950 – 31.5.1950, Paule-Dinah Lévi de Benzion, London, NachlassWitwe von Moïse Lévi de Benzion, nach der Verteilung des Nachlasses von Moïse Lévi de Benzion, beschlossen durch das Tribunal Hasby, Kairo, 21.05.1950, Archiv Kunstmuseum Bern, Brief von Maurice-E. Meyer, Avocat, Lausanne, an Professor Max Huggler [Direktor des Kunstmuseums Bern], Bern, 15.09.1952, mit einer Zusammenfassung des Loses, das Frau Paule-Dinah Lévi de Benzion nach der Verteilung des Nachlasses ihres verstorbenen Mannes zugeschrieben wurde.
- 31.5.1950 – 28.11.1956, Emil Georg Bührle (*1890 Pforzheim, +1956 Zürich) (Sammler/-in), Zürich, Kauf, 28.000 CHFErworben durch Maurice-E. Meyer, Avocat, Lausanne, von Paule-Dinah Lévi de Benzion, AStEGB, Kaufvertrag zwischen Paule-Dinah Lévi de Benzion und Emil Bührle, betreffend Sisley, L'Été à Bougival, Lausanne & Zürich, 31.05.1950. Der bezahlte Preis betrug CHF 28.000, basierend auf einer Schätzung von Max Huggler, die auf Meyers Veranlassung 1948 erstellt wurde und die bestätigt, dass der von Bührle 1942 bezahlte Preis von CHF 28.000 immer noch gültig war, Archiv Kunstmuseum Bern, Brief von Professor Max Huggler [Direktor des Kunstmuseums Bern], Bern, an Maurice-E. Meyer, Avocat, Lausanne, 14.12.1948; AStEGB, Brief von Emil Bührle an Maurice-E. Meyer, Lausanne, 04.06.1950, in dem er bestätigt, dass er den Betrag überwiesen hat.
- 28.11.1956 – 1960, Nachlass Emil Bührle, Zürich, Nachlass
- ab 1960, Stiftung Sammlung E.G. Bührle (Sammlung), Zürich, Geschenk, Inv.-Nr. 100
- ab 2021, Zürcher Kunstgesellschaft | Kunsthaus Zürich (Museum), Leihgabe
Literatur (Provenienz)
- Catalogue des tabelaux modernes, aquarelles, pastels, dessins composant la collection de feu M. Depeaux, Hôtel Drouot, Paris, 30. Juni 1921, Lot 67.
- Sylvie Brame/François Lorenceau: Alfred Sisley. Catalogue critique des peintures et des pastels, Lausanne/Paris, 2021, No. 210.
- Nancy H. Yeide: Beyond the Dreams of Avarice, The Hermann Goering Collection, Dallas, TX: 2009, No. D118.
- Esther Tisa Francini/Anja Heuss/Georg Kreis: Fluchtgut-Raubkunst. Der Transfer von Kulturgütern in und über die Schweiz 1933-1945 und die Frage der Restitution (Veröffentlichungen der Unabhängigen Expertenkommission Schweiz - Zweiter Weltkrieg 1), Zürich: Chronos, 2001, S. 106 (No. 267), S. 286 (No. *1).
- Marc-Henri Tellier/François Depeaux: François Depeaux (1853–1920). Le charbonnier et les impressionistes, Rouen, 2010, No. 460.
- Sylvain Amic: François Depeaux, Collectionneur des impressionnistes, Paris/Rouen, 2020, No. 243.
Zur Provenienz
Moïse Lévi de Benzion (1873–1943) war ein ägyptischer, jüdischer Immobilien- und Kaufhausbesitzer. Er leitete in Kairo das 1857 gegründete Familienunternehmen Grands Magasins Benzion. Einen Teil seines Vermögens setzte er für den Aufbau einer Sammlung von Kunstwerken sowie asiatischen und ägyptischen Antiquitäten ein. De Benzion besass eine Residenz südlich von Paris. Die Nationalsozialisten verfolgten ihn aufgrund ihrer antisemitischen Ideologie. Unter lebensbedrohlichen Umständen gelang es ihm, in Frankreichs unbesetzte Zone nach La Roche-Canillac zu flüchten, wo er 1943 verstarb.
De Benzions Sammlung verblieb in seiner Residenz. 1941 plünderte die NS-Rauborganisation «Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg (ERR)» sie. Über 1200 Kunstobjekte wurden beschlagnahmt. Camille Corots Gemälde Lesender Mönch und Alfred Sisleys Sommer bei Bougival gelangten 1941 in die Luzerner Galerie von Theodor Fischer, der sie 1942 an Emil Bührle verkaufte. Die Erben de Benzions reichten nach 1945 vor der Raubgutkammer beim Schweizer Bundesgericht Klage ein und bekamen Recht.
Bührle restituierte beide Gemälde 1948 an die Erben. 1950 erwarb er sie von diesen nochmals, nach neuer Schätzung ihres Werts. 1951 forderte Bührle von Fischer in einer Regressklage den Betrag zurück, den er beim ersten Erwerb für die Werke bezahlt hatte. Das Bundesgericht gab der Forderung statt. Es entschied, dass Bührle beim Kauf gutgläubig gehandelt hatte und er zu dem Zeitpunkt von der unrechtmässigen Herkunft der Werke keine Kenntnis gehabt haben konnte. Das Urteil ist bis heute umstritten, da Bührle 1942 von der systematischen Beraubung der jüdischen Sammlerinnen und Sammler sehr wohl wissen konnte.
Recherchestand 31.12.2021
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Literatur (allgemein)
- Die Sammlung Emil Bührle. Geschichte, Gesamtkatalog und 70 Meisterwerke, hrsg. vom Schweizerischen Institut für Kunstwissenschaft (SIK-ISEA), München: Hirmer, 2021, No. 179, S. 260/264 (ill.).
- Sammlung Emil G. Bührle. Festschrift zu Ehren von Emil G. Bührle zur Eröffnung des Kunsthaus-Neubaus und Katalog der Sammlung Emil G. Bührle, hrsg. von Kunsthaus Zürich, Sammlungskatalog Kunsthaus Zürich, Zürich, 1958, No. 199, S. 120.