Beschriftung
Verso diverse Etiketten, Mitte links auf dem Keilrahmen in Hellbraun: 12110 [vertikal]; Mitte rechts auf Keilrahmen in Rot: [unleserlich, ev. RRem?]; darunter in Rot: 2023 [kopfüber]
Werkverzeichnis
Schulman 2021 42 (Online)
Provenienz
- Edgar Degas (*1834 Paris, +1917 Paris) (Künstler/-in)
- o.D. – 12.6.1934, Jeanne Fèvre, Nizza, NachlassWerkverzeichnis Schulmann 2019 MS-42, https://www.degas-catalogue.com/recherche_fiches.php?id=42 [Zugriff: 12.01.2022].
- 12.6.1934, Galerie Charpentier (Auktion), Paris, Vente Fèvre, Lot 138, Experts MM. Schoeller & A. WeillWie oben Fussnote 2: "André Schoeller [par ou pour lui ?]"; Brief von Alfred Vallotton, Les Arts Plastiques Moderne, Galerie Mouradian & Vallotton, Paris, 20.11.1969 an René Wehrli, Kunsthaus Zürich, vgl. KHZ Dossier Depot Wehrli gelöscht.
- 12.6.1934 – o.D., André Schoeller (*1879, +1955) (Kunsthändler/-in), Paris, Kauf, 4350.00 FRFArchives de Paris, Fonds Bellier, cote D149 E3 9.
- [Verbleib unbekannt?]
- o.D. – 1944, Robert Ellissen (*1872 Paris, +1957 La Teste-de-Buch) (Sammler/-in), ParisWie oben Fussnote 2.
- 6.1944 – o.D., Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg (ERR), Château Raba, Talence (Gironde), Beschlagnahme durch die NationalsozialistenWie oben Fussnote 2: "Spolié en juillet 1944 au château de Raba, Talence près de Bordeaux [Voir liste de réclamation des biens spoliés au Ministère des Affaires étrangères : https://www2.culture.gouv.fr/documentation/mnr/MnR-rbs.htm] - Liste des réclamations du 3 juillet 1945"; Cultural Plunder by the Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg. Database of Art Objects at the Jeu de Paume, https://www.errproject.org/jeudepaume/card_view.php?CardId=68403 [Zugriff: 12.01.2022].
- Verbleib unbekannt
- o.D. – 18.3.1959, Jean Ellissen (*1899 Paris, +1978 Paris), ParisArchives de Paris, versement D150E3 30. Procès-verbal de vente: Etude Rheims, 9471, 18.3.1959, Galerie Charpentier, Paris, dossier Georges Arnaud: Das Werk wird als Nr. 10 (Ellissen), Nr. 39 (Lot-Nr.), Nr. 46 (Laufnr. Georges Arnaud) vermerkt und für 520 000 FRF von Jean Ellissen an Mouradian, 41 rue de Seine, verkauft (Galerie Mouradian-Vallotton).
- 18.3.1959, Galerie Charpentier (Auktion), Paris, Lot 39Wie oben Fussnote 2.
- 18.3.1959 – mindestens bis 1970, Galerie Mouradian-Vallotton (Galerie), Paris, Kauf, 520000.00 FRFWie oben Fussnote 9.
- 1970 – 2005, René Wehrli (*1910 Frauenfeld, +2005 Zürich), Zürich, Kauf, (Direktor des Kunsthaus Zürich 1950–1976), ZürichKorrespondenz mit Claude Vallotton vom 24.02.1970 an René Wehrli, vgl. KHZ Dossier Depot Wehrli gelöscht.
- ab 2005, Zürcher Kunstgesellschaft | Kunsthaus Zürich (Museum), Zürich, Vermächtnis
Zur Provenienz
Im November 2020 erreichte das Kunsthaus ein Schreiben der Französischen Behörde (Mission de recherche et de restitution des biens spoliés entre 1933 et 1945). Darin wurde auf der Grundlage der vom Kunsthaus 2019 online publizierten Provenienzliste der Sammlungswerke der Verdacht geäussert, dass die 2006 als Vermächtnis des ehemaligen Direktors, René Wehrli, in die Sammlung des Kunsthaus Zürich gelangte Ölskizze nach Delacroix «L'entrée des croisés à Constantinople (d'après Delacroix)» während des Zweiten Weltkriegs von den Nationalsozialisten beschlagnahmt wurde und das Werk ursprünglich aus aus der Sammlung von Robert Ellissen (1872-1957), einem französischen Industriellen jüdischer Herkunft stamme. Die Provenienzangaben wurden umgehend geprüft und der Verdacht konnte nach einer Tiefenrecherche bestätigt werden.
Das Werk wurde im Juni 1944 vom Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg (ERR) in Château Raba in Talence bei Bordeaux im Süden Frankreichs aus der Sammlung Ellissen beschlagnahmt. Danach verlieren sich die Spuren der Ölskizze bis sie in der Auktion der Galerie Charpentier vom 18. März 1959 als Lot 39 wiederauftaucht. Es wurde von der Pariser Galerie Mouradian-Vallotton erworben und gelangte sodann in die Privatsammlung des damaligen Kunsthaus-Direktor René Wehrli.
Da nach ersten Rechercheschritten der Verdacht auf NS-Raubkunst nicht ausgeschlossen werden konnte und keine Archivdokumente auf eine Restitution des Werks in der direkten Nachkriegszeit in Paris hinwiesen, wurde im Sommer 2021 eine juristische Vertretung beigezogen sowie die Erbenrecherche zur Familie Ellissen in Auftrag gegeben. Parallel dazu wurden weitere Archivrecherchen ausgeführt, die sich pandemiebedingt verzögerten und schliesslich erst im Herbst 2022 zu entscheidenden neuen Erkenntnissen führten: Der Einlieferer der Ölskizze an die Auktion der Galerie Charpentier im Jahr 1959 konnte mit Jean Ellissen identifiziert werden, dem Sohn des beraubten Robert Ellissen.
Dies führt zur Schlussfolgerung, dass das Werk zwischen 1944 und 1959 an die Familie Ellissen zurückgelangt sein musste, womit der NS-Raubkunstverdacht ausgeräumt werden kann. Damit handelt es sich bei diesem Werk um einen geklärten Fall von ehemaliger NS-Raubkunst. Wie und zu welchem Zeitpunkt das Werk zurück an die Familie Ellissen gelangte, konnte bisher nicht geklärt werden. Da es sich dabei weiterhin um eine sogenannte Provenienzlücke handelt, wird das Kunsthaus diese Frage im Austausch mit den Erbeninnen und Erben der Familie weiter erörtern.
Recherchestand 16.11.2023
Haben Sie Fragen, Kritik, Anregungen, weiterführende Informationen? Bitte richten Sie eine Nachricht an provenienzforschung(at)kunsthaus.ch.
Literatur (allgemein)
- Degas. The Uncontested Master, Ausst.-Kat. National Gallery of Australia, Canberra: National Gallery of Australia, 2008, S. 44 f..
- Paths to Abstraction 1867-1917, hrsg. von Terence Maloon, Ausst.-Kat. Art Gallery of New South Wales, Sydney, 2010, S. 18.
- Degas, Klassik und Experiment, hrsg. von Alexander Eiling, Ausst.-Kat. Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, München: Hirmer, 2014, No. 85, S. 35, 210 (ill.).
- Musée d'Orsay (Hrsg.): Manet – Degas (L'objet d'art; Hors-série), Paris: Gallimard, 2023, S. 20 (ill.).
- Manet – Degas, hrsg. von Laurence Des Cars/Stéphane Guégan/Isolde Pludermacher, Ausst.-Kat. Musée d'Orsay, Paris: Gallimard, No. 29, S. 42 (ill.).
- Manet - Degas, hrsg. von Stephan Wolohojian/Ashley E. Dunn, Ausst.-Kat. The Metropolitan Museum of Art, New York: The Metropolitan Museum of Art, 2023, Kat. No. 16, S. 93.