Werkverzeichnis
Hand 2004 47.21
Provenienz
- Joos van Cleve (*1485 Kleve, +1541 Antwerpen) (Künstler/-in)
- Verbleib unbekannt
- spätestens ab 1925 – o.D., Stefan Auspitz von Artenegg (*1869 Wien, +1945 Wien) (Sammler/-in), WienStefan Auspitz führte das Bankhaus Auspitz, Lieben & Co. in Wien. Infolge der Weltwirtschaftskrise 1931 ging es in Konkurs und er haftete mit seinem persönlichen Vermögen. Seine Kunstsammlung wurde daraufhin aufgelöst und der Immobilienbesitz verkauft. Noch im Jahr 1931 verkaufte Auspitz seine Sammlung an den aus Wien stammenden Kunsthändler Kurt Walter Bachstitz in den Haag. Die zur Ausfuhr freigegebenen Objekte wurden 1932 nach Den Haag exportiert. Einige Werke wurden, aufgrund deren Bedeutung für das österreichische Kulturerbe, mit einer Ausfuhrsperre belegt. Angeblich war 1938 noch ein verbleibender Teil der Kunstsammlung bei der Spedition E. Bäuml als Pfand eingelagert, da eine Restrate von 70.000 US-Dollar noch nicht beglichen worden war. 1941 wurden diese eingelagerten Werke von der VUGESTA beschlagnahmt und veräussert. Stefan Auspitz wurde im November 1940, aufgrund eines Besuchs einer Parkanlage und Unterlassung der Kennzeichnungspflicht von der GESTAPO verhaftet. Am 9. Oktober 1942 erfolgte die Deportation nach Theresienstadt. Er erlebte die Befreiung durch die Rote Armee im Mai 1945, starb jedoch wenige Monate später. Vgl. Lillie 2003, S. 113-136; Werkverzeichnis Hand 2004 47.21; Friedländer 1931, Bd. 9, S. 49; Archiv Bachstitz Gallery, RKD Nederlands Instituut voor Kunstgeschiedenis, Index of the Baldass Catalogue of the v. Auspitz Collection; Baldass 1925, S. 20.
- o.D. – 12.10.1948, Kurt Walter Bachstitz (*1882 Breslau, +1949 Den Haag) (Sammler/-in), Den Haag, KaufStefan Auspitz verkaufte einen großen Teil der Sammlung infolge eines Konkurses an den Kunsthändler Kurt Walter Bachstitz in Den Haag (1931), vgl. https://www.proveana.de/de/link/col10000139 [Zugriff: 21.12.2021]; Beatrix Piezonka, Erwerbungen des DLM Offenbach in den Jahren 1933-1945, DZK-Abschlussbericht, Projekt-ID LA05-II2010, vgl. https://www.proveana.de/de/link/pro10000025 [Zugriff: 21.12.2021]. Kurt Walter Bachstitz, der jüdischer Herkunft war und die österreichische Staatsbürgerschaft besass, übernahm die bedeutende Sammlung von Stefan Auspitz. Der Hauptsitz seiner Kunsthandlung befand sich in Den Haag. 1938 liess sich Bachstitz mit seiner Familie in den Niederlanden nieder. Daraufhin wurde ihm seine österreichische Staatsbürgerschaft entzogen. Recherchen haben gezeigt, dass die Galerie Bachstitz in den ersten Kriegsjahren eine große Anzahl von Gemälden an die Deutschen verkaufte, insbesondere an Dr. H. Posse, einen Kunsteinkäufer für Hitler, und an andere Nazi-Käufer wie Dr. E. Göpel und Bachstitz' Schwager W.A. Hofer. Einige davon wohl auch unter Zwang und ohne Gegenleistung zu erhalten. Das Werk von van Cleve taucht in einem Lagerbuch auf, in welchem Werke aus der Sammlung Auspitz, die für den Verkauf in New York bestimmt waren, gelistet wurden. Datiert ist das Buch in die Jahre 1932-1933. Van Cleves Werk wird unter der Nummer 881, welche sich auch auf der Werkrückseite befindet, aufgelistet; E-Mail-Korrespondenz Ruth Krul, 14.10.2024. "Die Lukretia wurde […] 1936 in Amsterdam ausgestellt und 1938 wiederum in London, wo es bis 1948 bei einer Bank deponiert war, bis Bachstitz es nach Zürich schicken liess." Vgl. Brief K.W.Bachstitz an W. Wartmann, 02.03.1948, ZKG/KHZ; Brief von C. Chenue an Direktor Wartmann, [?].07.1948, ZKG/KHZ; Lillie 2003, wie oben Fussnote 3; Restitutions Committee, "Recommendation regarding Bachstitz", Report number: RC 1.78, https://www.restitutiecommissie.nl/en/recommendation/bachstitz/ (25.05.2023); Archiv Bachstitz Gallery, RKD Nederlands Instituut voor Kunstgeschiedenis, Bulletin 1935; ZKG/KHZ, Ruzicka Akten, Korrespondenz Leopold Ruzicka an Schweizerische Kreditanstalt, Herr Blanc, 05.04.1951; ZKG/KHZ, Ruzicka Akten, Empfangsschein Herr Prof. Dr. L. Ruzicka, 12.10.1948.
- 1.8.1948 – 2005, Zürcher Kunstgesellschaft | Kunsthaus Zürich (Museum), Zürich, LeihgabeDas Gemälde war zusammen mit 14 weiteren Gemälden von Bachstitz ab dem 1.8.1948 im Depot des Kunsthauses Zürich eingelagert, vgl. Kunsthaus Zürich, Depotbuch Nr. 3, S. 5; Brief W.Wartmann an Walter Bachstitz, 20.07.1948, ZKG/KHZ.
- 12.10.1948 – 27.12.1948, Leopold Ruzicka (*1887 Vukovar, +1976 Mammern) (Sammler/-in), Zürich, KaufDurch die Vermittlung des damaligen Kunsthaus Direktor, Dr. Wartmann, erwarb Leopold Ruzicka das Werk von van Cleve. Dafür wurde am 12. Oktober 1948 ein Check des Schweizerischen Bankvereins durch Dr. Wartmann, persönlich gegen Quittung, an Walter Bachstitz überreicht. Ausserdem wurde am 26. Nov. 1948 Geld von Ruzickas Konto beim Schweizerischen Bankverein Zürich auf das Konto von Herrn Bachstitz beim Schweiz. Bankverein in Basel überwiesen. Das Gemälde war nach dem Verkauf durch Auspitz ununterbrochen im Besitz von Bachstitz bis zum Ankauf durch Leopold Ruzicka. Vgl. E-Mail-Korrespondenz Ruth Krul, wie oben Fussnote 4; ZKG/KHZ, Ruzicka Akten, Korrespondenz Leopold Ruzicka an Schweizerische Kreditanstalt, Herr Blanc, 05.04.1951; ZKG/KHZ, Ruzicka Akten, Empfangsschein Herr Prof. Dr. L. Ruzicka, 12.10.1948; Korrespondenz von K. Walter Bachstitz an Leopold Ruzicka, 21.01.1949; ZKG/KHZ, Ruzicka-Akten, Abrechnung Ruzicka-Stiftung 1949, S. 3.
- 27.12.1948 – 2005, Ruzicka-Stiftung (Sammlung), Zürich, ÜbertragungZKG/KHZ, Ruzicka-Akten, Abrechnung, wie oben Fussnote 6; Kunsthaus Zürich 2007 (Sammlungskatalog), S. 32.
- ab 2005, Zürcher Kunstgesellschaft | Kunsthaus Zürich (Museum), Zürich, GeschenkKunsthaus Zürich 2007 (Sammlungskatalog), wie oben Fussnote 7.
Provenienzstatus
keine Hinweise auf NS-Raubkunst
Provenienzstatus (BAK)
B – Die Provenienz zwischen 1933 und 1945 ist nicht eindeutig geklärt oder weist Lücken auf. Aus den vorliegenden Recherchen ergeben sich keine Belege für NS-Raubkunst. Zudem liegen keine Hinweise auf NS-Raubkunst und / oder auffällige Begleitumstände vor.
Literatur (Provenienz)
- Sophie Lillie: Was einmal war: Handbuch der enteigneten Kunstsammlungen Wiens, Wien: Czernin Verlag, 2003, S. 113-136.
- Kunsthaus Zürich. Gesamtkatalog der Gemälde und Skulpturen, hrsg. von Zürcher Kunstgesellschaft et al., Sammlungskatalog, Ostfildern: Hatje Cantz, 2007, S. 32.
- John Oliver Hand: Joos van Cleve. The Complete Paintings, New Haven: Yale University Press, 2004, 47.21.
- Max J. Friedländer: Die altniederländische Malerei, Bd. 9: Joos van Cleve, Jan Provost, Joachim Patenier, Berlin: Paul Cassirer, 1931., S. 49.
- Ludwig Baldass: Joos van Cleve, der Meister des Todes Mariä, Wien: Krystall-Verlag, 1925, S. 20.
Zur Provenienz
Dieses Gemälde von Joos van Cleve befand sich ursprünglich im Eigentum des jüdischen Bankiers Stefan Auspitz. Dieser war 1931 infolge eines Firmenkonkurses gezwungen, seine Kunstsammlung zu verkaufen. Noch im selben Jahr erwarb der jüdisch-österreichische Kunsthändler Kurt Walter Bachstitz die Sammlung. Bachstitz emigrierte 1938 mit seiner Ehefrau nach Den Haag, wo sich auch der Hauptsitz seiner Kunsthandlung befand. Recherchen haben ergeben, dass das Gemälde, mit vierzehn weiteren Kunstwerken, seit 1935 für zehn Jahre in einem Londoner Banksafe lagerte. Anschliessend veranlasste Bachstitz den Transport der Gemälde ins Kunsthaus Zürich, wo sie eingelagert wurden. 1948 erwarb der Nobelpreisträger und Kunstsammler Leopold Ruzicka den van Cleve direkt von Kurt Walter Bachstitz. Die Provenienz des Werks seit dem Verkauf durch Auspitz 1931 bis heute lückenlos nachweisen. Bei dem Werk handelt es sich nicht um NS-Raubkunst.
Recherchestand 11.02.2025
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Literatur (allgemein)
- Die Meisterwerke, hrsg. von Zürcher Kunstgesellschaft/Christian Klemm, Sammlungskatalog Kunsthaus Zürich, Ostfildern: Hatje Cantz, 2007, S. 34 (ill.).
- Kunsthaus Zürich. Gesamtkatalog der Gemälde und Skulpturen, hrsg. von Zürcher Kunstgesellschaft et al., Sammlungskatalog, Ostfildern: Hatje Cantz, 2007, S. 32.
- Joos van Cleve. Leonardo des Nordens, hrsg. von Peter van den Brink, Ausst.-Kat. Suermondt-Ludwig-Museum Aachen, Stuttgart: Belser, 2011, No. 25, S. 170-172.
- Max J. Friedländer: Early Netherlandish Painting, Bd. 9 von 14, Leyden: Sijthoff, 1973, No. 69 [Joos van Cleve].
- John Oliver Hand: Joos van Cleve. The Complete Paintings, New Haven: Yale University Press, 2004, No. 21, S. 47 f, 89, ill. No. 42.
- Dietrich Schubert: Halbfigurige Lucretia-Tafeln in der 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts in den Niederlanden (Jahrbuch des kunsthistorischen Institutes der Universität Graz 6), Graz, 1971, S. 99-110, S. 103.
- Gemälde der Ruzicka-Stiftung (Text: L. Ruzicka), Ausst.-Kat. Kunsthaus Zürich, Zürich: Kunsthaus Zürich, 1949, No. 6.